Bahnhofstraße

Bahnstation des „Äddemer Bähnle“ von 1893 bis 1966

einfahrender Zug
Foto: Bildarchiv Uttenweiler (ohne Jahresangabe)

Es ist möglicherweise die einzige Straße in Ettenheim, die einem einzigen Haus ihre Anschrift verleiht: die Bahnhofstraße. Dieses einzige Haus in dieser Straße indes ist ein „Denk-Mal“ erster Güte an eine rund 70jährige bemerkenswerte Epoche in der Geschichte Ettenheims und ihrer Nachbargemeinden – eine Epoche, auf welche die Form des Gebäudes, glücklicherweise auch die am Gebäude angebrachte „Wandbemalung“, untrüglich hinweisen. Von 1893 bis 1966 gab es das „Äddemer Bähnle“, anfangs von Ettenheimmünster bis an den Rhein (1893-1914), später nur noch bis Kappel, ab 1920 dann nur noch bis Orschweier. Gebaut zunächst als Schmalspurbahn, wurde es 1922 auf Normalspur erweitert, was die Anschlussnutzung an die Rheintal-Eisenbahn natürlich deutlich verbesserte.
Das 1893 errichtete Bahnhofsgebäude am heutigen Standort war der größte Bahnhof entlang der 15,9 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Ettenheimmünster und dem Rhein. Zwei Warteräume der 2. und 3. Klasse, eine Lagerhalle, eine Abladerampe auf der Westseite des Gebäudes, eine „Abortanlage“ (heute sagt man Toilette) – das hatten die andern Bahnhöfe entlang des Ettenheimer Bähnle nicht. Entsprechend wurde die feierliche Bahneröffnung nach 7-monatiger Bauzeit auch schwerpunktmäßig in Ettenheim begangen: mit Fackelzug, Zapfenstreich und Festbankett.
Bei ihrem Besuch in Ettenheim im Jahr 1898 stieg Ihre Königliche Hoheit, die Großherzogin von Baden, Tochter von Kaiser Wilhelm, dann auch am Ettenheimer Bahnhof aus dem Salonwagen aus.
Der Ettenheimer Bahnhof – er könnte ein spannendes Buch über die wechselhafte Geschichte dieser Bahnlinie schreiben. Wie schwere Güter, anfangs Sandsteine aus Ettenheimmünster, bis zur letzten Fahrt Materialien des Sägewerkes Schwarz und der Stuhlfabrik Stoelcker über die Geleise transportiert wurden; wie das Ettenheimer Bähnle im Oktober 1944 von Jagdbombern unter Beschuss genommen wurde – aber auch, wie er, der Bahnhof, am Tag nach der Reichspogromnacht einer jüdischen Familie zum (Zu)Fluchtsort vor dem judenverfolgenden Mob wurde.
Das Bahnhofsgelände reichte bis hin zum heutigen Ziegelweg, wo ein Wagenreparaturschuppen und der Lokomotivschuppen standen. Diese Flächen wurden folgerichtig später von der SWEG als Depot ihrer Busse genutzt, die nach Einstellung des Bahnverkehrs den Personentransport übernahmen.

Quellen:

Bernhard Uttenweiler: „‘s Ettenheimer Bähnle“ 1992 – Herausgeber Historischer Verein Ettenheim
„Am Bahndamm“ ist eine weitere Straße, die sich mit der Geschichte der Kleinbahn beschäftigt.

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