Alte Streitbergstraße (Ortsteil Ettenheimmünster)

„Strittberg“

Ein wahrer „Streit“berg

Grenzstein mit dem Kageneck'schen Wappen bzw. dem Wappen des Abtes von Ettenheimmünster
Grenzstein mit dem Kageneck'schen Wappen bzw. dem Wappen des Abtes von Ettenheimmünster (Foto: FMH)

Die "Alte Streitbergstraße" bezeichnet ein Stück des Weges, der in früheren Zeiten vom Münstertal hinauf auf den Streitberg führte.

Dieser Weg von Ettenheimmünster, am Bach entlang, vorbei an der Kappler Hütte, durch den Münstergraben und hinauf bis auf den Streitberg (453 m) ist teilweise sehr steil, der Anstieg mühsam; von Ettenheimmünster (201 m) bis hinauf auf die Höhe müssen 252 Höhenmeter überwunden werden. Der Weg ist aufgrund der Geländeverhältnisse teilweise schmal. Im Winter ist er oftmals vereist oder durch Schneebruch und umgestürzte Bäume nicht passierbar, im Frühjahr kann es bei der Schneeschmelze zu Überschwemmungen, im Hochsommer bei heftigen Gewittern zu Beeinträchtigungen durch Geröll und Schlamm kommen.

Anfang des 19. Jahrhunderts sollte dieser Weg zu einer modernen Verkehrsstraße ausgebaut werden, doch erwies sich das Vorhaben aufgrund der Gegebenheiten als nicht durchführbar. Es erfolgte eine völlig neue Straßenführung, die der heutigen Landstraße 103 entspricht (siehe "Münstertalstraße"). 

Der Streitberg, welcher der Straße seinen Namen gibt, war in früheren Zeiten ein wahrer "Streitberg". Die Besitztümer der Grafschaft Geroldseck, des Klosters Ettenheimmünster, der Fürsten von Fürstenberg, der Herren von Kenzingen und der Kirnburg beziehungsweise deren Nachfolger, den Grafen von Kageneck, grenzten in diesem Gebiet aneinander. Nicht selten kam es zu Streitereien, insbesondere bezüglich der Ausübung des Jagdrechts.

Neben der Straßenkreuzung auf dem Streitberg befindet sich das "Gasthaus Kreuz Streitberg", bis zu seiner Schließung häufiger Anziehungspunkt insbesondere durstiger Fahrradfahrer nach schweißtreibender Bergauffahrt.
Wegen dem Bau dieses Gasthauses um 1728 kam es zu einem jahrelangen Streit zwischen dem damaligen Abt des Klosters Ettenheimmünster Johann Baptist Eck und Graf Franz Joseph Anton von Kageneck: Der in Schweighausen lebende Bürger und Leinenweber Sebastian Spitz, genannt Spitzenbaschi, war als Schweighausener Bürger leibeigener Untertan des Klosters Ettenheimmünster und durfte als solcher ohne Erlaubnis und Entrichtung des Abzugsgeldes das Gebiet des Klosters nicht verlassen. Spitz, von leichtlebiger Art und auch als Wilddieb und Holzfrevler im Klosterwald bekannt, heiratete die Tochter des Hofbauern vom Streitberg und erbte nach dem Tod seiner Schwiegereltern den Hof, der jedoch nicht im Klostergebiet, sondern im Herrschaftsgebiet des Grafen Kageneck lag. Mit Genehmigung des Grafen baute er an der Straße ein Wirtshaus und wurde so Wirt auf dem "Strittberg". Dabei war es ihm aber nicht eingefallen, sich vorher aus der Leibeigenschaft des Klosters loszukaufen; er blieb also, obwohl er auf fremdem Territorium wohnte, Leibeigener des Klosters. Als das Kloster seine Rechte bezüglich Abgaben und anderer Verbindlichkeiten geltend machte, stellte sich der Spitzenbaschi unter den besonderen Schutz des Grafen, der ja den Bau genehmigt hatte. Es kam zum Rechtsstreit bei der vorderösterreichischen Regierung mit dem Entscheid: "Der Spitzenbaschi muss auf eigene Kosten das Wirtshaus abreißen und nach Schweighausen zurückkehren!" Diesem Beschluss widersetzte sich wiederum Graf von Kageneck und es entstand ein jahrelanger, kostenintensiver Streit, ersichtlich an den umfangreichen Akten in dieser Angelegenheit. Erst mit dem Tod von Abt Eck im Jahre 1740 fand der Streit ein Ende, das Wirtshaus blieb bestehen.

Doch ist das heutige "Gasthaus Kreuz Streitberg" das einstmals umstrittene Wirtshaus des Spitzenbaschi?

Es wird erzählt, dass Abt Eck, als er mit Graf von Kageneck nicht einig wurde, sich dazu entschloss, auf klostereigenem Boden ebenfalls eine Wirtschaft zu errichten. Das Gelände dort war im Besitze des "Saubauern", der den Boden dazu nicht hergeben wollte. Der Abt soll ihm schließlich gedroht haben, wenn er das Gelände nicht abtrete, so lasse er ihm die Zähne aus dem Mund "herausraspeln". Vor dem Zorn seines Grundherrn sich fürchtend, gab der Bauer schließlich nach, und so konnte die Wirtschaft gebaut werden. Noch heute trägt das Gebäude, das in der Zwischenzeit einmal abgebrannt ist, über der Haustür des Gasthauses das Wappen von Abt Eck mit Dreieck und Stern.
Heute stehen die beiden Gebäude friedlich nebeneinander, voneinander getrennt durch einen Grenzstein, der auf der einen Seite das Kageneck'sche Wappen und auf der anderen Seite den Abtstab, Zeichen des Klosters Ettenheimmünster, trägt.

Quellen:

Schwarz, Benedikt: Der Spitzenbaschi vom Strittberg (I). Ettenheimer Zeitung, 27.11.1923
Schwarz, Benedikt: Der Spitzenbaschi vom Strittberg (II). Ettenheimer Zeitung, 28.11.1923
Schwarz, Benedikt: Der Spitzenbaschi vom Strittberg (III). Ettenheimer Zeitung, 1.12.1923
Kohler, Oskar: Damals ein richtiger "Streit"-Berg - Die Jagd am Streitberg im 16. Jahrhundert. Der Altvater - Heimatblätter der Lahrer Zeitung, 23. Jg, 10. Folge, 11.9.1965, S. 38
Kohler, Oskar: Die Straße über den Streitberg - Ein Stück Straßenbaugeschichte der oberen Ortenau. Der Altvater - Heimatblätter der Lahrer Zeitung, 24. Jg, Nr. 11, 26.11.1966, S. 42-43
Ohnemus, Erwin: Sagen von Ettenheimmünster und dem Ettenbachtale. Die Ortenau Bd. 43, 1963 , S. 53-71

zurück zur Übersicht