Waldbiodiversitätsmonitoring im Forstrevier Ettenheim

Ettenheimer Wald wurde als repräsentatives Untersuchungsgebiet ausgewählt

Dr. Christian Bluhm, Dr. Benjamin Schwarz, Bruno Metz, Katharina Augsten
Bildquelle: Stadt Ettenheim - von kinks: Dr. Christian Bluhm, Dr. Benjamin Schwarz, Bruno Metz, Katharina Augsten

Der Arten- und Naturschutz hat in Ettenheim eine hohe Priorität. So wurden öffentliche Flächen naturnah gestaltet, Bachläufe renaturiert. Totholzkonzepte erarbeitet und (Wald-)Biotope geschaffen, um Insekten und Kleintieren Lebensraum zu bieten. Umso mehr freut es Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz, dass in diesem Jahr eine Fläche im Ettenheimer Wald im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der Vielfalt als Monitoring-Gebiet ausgewählt wurde, um die Artenvielfalt im Wald repräsentativ zu untersuchen. Denn die Funktionsweise des Ökosystems Wald ist stark geprägt von der Anzahl und der Vielfalt der dort vorkommenden Arten. Wissenschaftlich betreut wird das Projekt von Dr. Benjamin Schwarz (Insekten-Monitoring), Dr. Christian Bluhm (Bodenfauna-Monitoring) und Dr. Sarah Blum von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg (FVA). Das koordinierte Waldbiodiversitätsmonitoring der FVA ist das Ergebnis abgestimmter Konzepte von vier Projekten, die im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der Biologischen Vielfalt entwickelt wurden.

Vor Ort informierten sich Bürgermeister Bruno Metz und Katharina Augsten, Leiterin des Liegenschaftsamtes bei Dr. Benjamin Schwarz und Dr. Christian Blum über die Erkenntnisse und Maßnahmen des Waldmonitorings.

Wie Dr. Christian Bluhm erläuterte, stellt der in den letzten Jahrzehnten beobachtete und andauernde Rückgang der Biodiversität auch das Waldmanagement vor große Herausforderungen. So sind beispielsweise die Artenvielfalt und die Biomasse der Insekten in Deutschland und auch in Baden-Württemberg in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Ein ähnlicher Trend wird für bodenlebende Wirbellose vermutet. Ebenso gelten die Bestände der 23 in Baden-Württemberg vorkommenden Fledermausarten als gefährdet. Es fehle allerdings eine solide Datengrundlage, um das genaue Ausmaß des Biodiversitätsverlustes flächendeckend sowohl für Deutschland als auch auf Ebene einzelner Bundesländer zu beziffern und mögliche Ursachen zu ermitteln. Vor allem im Wald fand für viele Tiergruppen bisher kein systematisches flächendeckendes Monitoring statt.

Im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der Biologischen Vielfalt wurden daher Monitoringprogramme für verschiedene Tiergruppen (Insekten, Bodenfauna, Fledermäuse) im Wald konzipiert, die seit 2024 gemeinsam als ein landesweites repräsentatives Biodiversitätsmonitoring im Wald umgesetzt werden. Dadurch sollen statistisch belastbare Aussagen über den Zustand und die langfristige Entwicklung der Biodiversität im Wald von Baden-Württemberg ermöglicht werden, so der Wissenschaftler. Darüber hinaus soll das Monitoring Hinweise liefern, welche Einflüsse der Klimawandel, die Waldbewirtschaftung, oder auch andere Landnutzungsformen außerhalb des Waldes auf die Biodiversität im Wald haben.

Dr. Benjamin Schwarz berichtete, dass für das Grundprogramm des Biodiversitätsmonitorings 79 Untersuchungsflächen, wie die in Ettenheim ausgewählt, welche vom Bundesamt für Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem statistischen Bundesamt in einem geschichteten Stichprobenverfahren gezogen wurden, um die Landnutzungsform Wald in Baden-Württemberg repräsentativ abzubilden. Innerhalb dieser 1 × 1 km großen Untersuchungsflächen wurde möglichst nahe des Mittelpunktes 50 × 50 m große Untersuchungsflächen eingerichtet, auf denen der Großteil der Erfassungen stattfindet. Jährlich werden auf etwa einem Viertel der Flächen Daten erhoben, sodass dementsprechend ein Untersuchungszyklus nach vier Jahren abgeschlossen ist.

Die beiden Wissenschaftler berichten, dass auf der erprobten Fläche in Ettenheim ab April Regenwürmer mittels Elektrofang und Handauslese gesammelt, Tagfalter entlang von Transekten erfasst, Laufkäfer und andere bodenlebende Arthropoden mit Bodenfallen sowie xylobionte Käfer und weitere flugfähige Insekten mit Kreuzfensterfallen gefangen wurden. In vier Nächten des Jahres kamen zudem Lichtfallen zum Einsatz, um nachtaktive Falter zu fangen. Die Fledermausaktivität wurde mit Hilfe akustischer Methoden erfasst. Die Artenzusammensetzung, die Anzahl und Biomasse der einzelnen Tiergruppen werden anschließend von externen Experten bestimmt.

Begleitend zu diesen faunistischen Aufnahmen wurden verschiedene Parameter der Waldstruktur wie beispielsweise die Baumartenzusammensetzung, der Totholzanteil und Mikrohabitatvorkommen wie beispielsweise Baumhöhlen erfasst, sowie klimatische und bodenchemische- und physikalische Daten erhoben. Die systematisch und methodisch harmonisiert erhobenen Daten liefern Einblicke in die Biodiversität eines Gebiets, helfen, zeitliche Trends in den Populationen zu erkennen, und dienen als Indikatoren für Umweltveränderungen z.B. durch den Klimawandel. Sie geben Hinweise auf die Qualität und den Zustand der Lebensräume und ermöglichen es, den Erfolg von Naturschutzmaßnahmen zu bewerten oder Empfehlungen für biodiversitätsfördernde Waldbewirtschaftung abzuleiten. Zudem helfen die Daten, ökologische Interaktionen zwischen verschiedenen Arten besser zu verstehen.

Bürgermeister Metz nutzte den Termin, um den beiden Wissenschaftlern stellvertretend für das gesamte Team der FVA zu danken. Ihr Einsatz und Engagement sei sehr wertvoll für den Natur- und Artenschutz. In Ettenheim sind mittlerweile 34 Waldbiotope als besonders schützenswert ausgewiesen und 140 Hektar Waldflächen liegen im geschützten Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Vorbildlich sei der Ettenheimer Stadtwald auch beim ökologisch wichtigen Aufbau von Totholzvorrat, der deutlich über dem vom Land geforderten Bestand liegt. Der Schutz der Biodiversität wird außerdem durch einen mehrstufigen Waldsaum erreicht, der gleichzeitig dafür sorgt, dass die Wälder weniger sturmanfällig sind.

(Erstellt am 23. September 2024)