Die Legende erzählt nun: Zu den Männern, die von Irland zu uns herüberkamen,
um ein Einsiedlerleben zu führen, gehörte auch der hl. Landelin.
Er war aus vornehmem, königlichem Geschlechte. Vielerlei äußere
Freuden und Genüsse und ein bequemes irdisches Leben hätte er sich
also verschaffen können. Allein das befriedigte den ideal gesinnten junger
Menschen nicht. Auch er wollte in religiöser Hinsicht sich nicht bloß
mit dem Notwendigsten zufrieden geben. Wie so viele seiner Landsleute strebte
er vielmehr darnach, möglichst vollkommen Gott zu dienen. So legte er
denn seine Krone und seine königlichen Gewänder ab und verließ
im einfachen Pilgerkleide die Heimat. Mit einem Boote erreichte er das europäische
Festland. Er pilgerte durch Frankreich, überquerte den Rhein, kehrte
dann zunächst dort, wo heute Altdorf liegt, bei einer christlichen Familie
ein. Es war ein gewisser Edulf, der mit seiner Frau und seinen 3 Töchtern
dort wohnte. Diese Familie führte zwar ein ganz bescheidenes Leben. Dazu
war noch eine der Töchter blind. Aber dennoch teilten sie gerne mit dem
fremden Manne das wenige, das sie besaßen. Ihr christlicher Glaube sagte
ihnen, daß sie in dem Fremdlinge, den sie beherbergen und bewirten,
Christus selbst bedienen. Auch erkannten sie gar bald in dem fremden Pilger
einen ganz frommen Gottesmann und hofften vielleicht auch, daß durch
dessen Fürsprache bei Gott ihre blinde Tochter sehend werden könnte.
Nur kurze Zeit ist aber der hl. Landelin bei dieser Familie geblieben. Ganz
unwiderstehlich regte sich bei ihm wieder der Drang nach der Einsamkeit. Er
verabschiedete sich deswegen, sagte aber seinen Gastgebern, er werde dem nächsten
Flüßlein entlang talaufwärts in die Wildnis gehen. Er sei
überzeugt, daß er dort den Ort finden werde, wo er nach Gottes
Willen sein Leben beschließen soll.Auch gab der hl. Landelin der gastfreundlichen
Familie einen bestimmten Zeitpunkt an und bat sie, nach ihm zu suchen, wenn
er bis zu diesem Zeitpunkte nicht wieder zurückgekehrt sei. Der Gottesmann
pilgerte das Undiztal aufwärts bis zu der Stelle, wo der Lauterbach in
die Undiz fließt. Hier gefiel es ihm, hier baute er sich eine Hütte.Der
Wald bot ihm als Nahrung Kräuter, Beeren und Wurzeln, die Undiz den Trank.
Vor allem aber konnte er hier nach Herzenslust beten und sich allerlei Bußübungen
auferlegen. Doch schon bald sollte er hier das blutige Opfer seines stillen
Gebets- und Büßerlebens werden. Etwa ¾ Stunden von der Hütte
des hl. Landelin entfernt lag nämlich die Gisenburg, das Schloß
des Gisiko. Der Jäger dieses heidnischen Schloßherrn verfolgte
mit seinen Hunden einen Hirsch, der in der Hütte des hl. Landelin Zuflucht
suchte. Zunächst vermutete der Jäger in diesem seltsamen Manne,
den er hier im Walde antraf, einen Räuber oder Wilderer und überhäufte
ihn mit allerlei Schmähungen.